Die Scheidung aus Verschulden

Nach dem österreichischen Recht gibt es mehrere Möglichkeiten, eine geschlossene Ehe aufzulösen. Es kommen die einvernehmliche Ehescheidung, die Scheidung aus Verschulden (alleiniges, überwiegendes, gleichteiliges), sowie die Scheidung aufgrund langjähriger Trennung in Frage. Dieser Artikel behandelt die Scheidung aus Verschulden anhand eines praktischen Beispiels wie folgt: Ein Ehepaar ist seit 10 Jahren verheiratet. Die ersten Jahre sind bis auf kleinere Reibereien, die in jeder Ehe vorkommen, durchaus harmonisch verlaufen. Im letzten Jahr ist der Mann zunehmend aggressiv geworden. Dies ist so weit gegangen, dass er seine Ehegattin auch mehrfach geschlagen hat. Sie hat Hämatome und Abschürfungen davongetragen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Ehegatte, der körperlich angegriffen wird, dies unbedingt dokumentieren muss. Entweder wird die Polizei verständigt, oder es wird ein Arzt oder das Spital aufgesucht. Es müssen jeweils Bestätigungen über die erlittenen Verletzungen vorliegen. Ein solches Verhalten führt dazu, dass – in unserem Fall die betroffene Ehegattin – eine Klage auf Scheidung aus dem Alleinverschulden des Ehegatten einbringen kann. Die Klage ist bei dem Bezirksgericht einzubringen, in dessen Sprengel sich die Wohnung der Ehegatten befindet. Mit der Scheidungsklage wird in diesem Fall die Scheidung aus dem alleinigen, oder zumindest überwiegenden Verschulden des Ehegatten ebenso beantragt, wie seine Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Scheidungsverfahrens. Das Verhalten eines körperlichen Übergriffs stellt eine schwere Eheverfehlung dar. Der wesentliche Punkt ist, dass dieses Verhalten die Ehe derart tief zerrüttet hat, dass an eine Wiederherstellung einer dem Wesen einer Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr zu denken ist. Die Eheverfehlung muss objektiv schwer und subjektiv als ehezerstörend empfunden werden. Eine schwere Eheverfehlung stellt jedenfalls auch der Ehebruch, also ein außereheliches Verhältnis dar. Ebenso die Zufügung körperlicher Gewalt, oder die Zufügung schweren seelischen Leides. Körperliche Gewalt ist in jedem Fall verpönt. Sie kann auch nicht mit einer milieubedingten Entgleisung entschuldigt werden. Der Ausspruch des alleinigen oder überwiegenden Verschuldens des anderen Ehegatten ist für die Unterhaltsfrage entscheidend. Trifft nämlich einen der Ehegatten das überwiegende oder ausschließliche Verschulden an der Zerrüttung der Ehe und wird dies im Urteil auch ausgesprochen, hat er grundsätzlich gegen den anderen Ehegatten, so sein eigenes Einkommen nicht ausreicht, einen entsprechenden Unterhaltsanspruch gemäß § 66 ff Ehegesetz. Wichtig ist, dass Ehescheidungsgründe, wenn sie bekannt wurden, binnen 6 Monaten ab Kenntnis geltend gemacht werden müssen. Grundsätzlich gilt, dass bei Kenntnis von Scheidungsgründen für den Fall, als die Ehegatten wieder Geschlechtsverkehr miteinander vollziehen, grundsätzlich von einer Verzeihung und Versöhnung auszugehen ist. Der Unterhaltsanspruch wird bei der Scheidung aus dem alleinigen oder überwiegenden Verschulden so berechnet, dass das Nettojahreseinkommen beider Ehegatten zusammengerechnet und davon 40 % ermittelt werden. Von diesem Betrag ist das Eigeneinkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten abzuziehen. Der verbleibende Betrag stellt den jährlichen Unterhaltsanspruch dar. Bei gleichteiligem Verschulden steht nur ein Billigkeitsunterhalt zu. Dies nur dann, wenn einer der Ehegatten unverschuldet kein ausreichendes Einkommen hat und soweit dies mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des anderen Ehegatten eben nach Billigkeit möglich ist. Hier sprechen wir von 10 % bis maximal 15 % nach der oben dargestellten Berechnungsmethode.